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Die vier Stufen einer guten Mischung

Ich habe mir in letzter Zeit einige Gedanken dazu gemacht wovon eine „gute Mischung“ abhängt. In diesem Fall möchte ich mich mal wirklich auf die Mischung konzentrieren. Andere äußerst wichtige Faktoren wie Gain Staging, Mikrofonpositionierung usw. seien mal außen vor gelassen. Wir reden also von einem Setting, in dem wir ausreichend gute Eingangssignale haben und nun an die Mischung gehen.

Ich bin selber keineswegs ein Profi und habe keine Ausbildung oder Studium hinter mir bei dem ich das gelernt habe. Daher sind diese 4 Stufen natürlich keineswegs eine überhebliche Lehrmeinung, sondern eine persönliche Erfahrung/Einschätzung, basierend auf meinem aktuellen Erfahrungsstand. Es gibt sicherlich andere, legitime, Ansichten zu diesem Thema.

Stufe 1: Balance

Hier scheiden sich vielleicht die Geister, und vielleicht sehe ich das in einigen Monaten auch wieder anders, aber meiner Meinung nach ist das grundsätzliche Verhältnis zwischen den Signalen die wichtigste und allererste Stufe.

Ich persönlich starte zumindest bei Studio-Projekten erstmal genau damit: Ich mache eine grobe Mischung und widme mich erst dann EQ und Co.

Eine Bass-Drum kann noch so schön klingen und „drücken,“ wenn die Stimme nicht mehr vernehmbar ist, ist die Mischung schlecht. Eine etwas muffige Bass-Drum zerstört (für den Zuhörer) aber nicht komplett eine Mischung, solange die anderen Instrumente und die Stimmen gut hörbar sind.

Mischverhältnisse beeinflussen außerdem (wie ein EQ) auch Frequenzen. Man kann die einzelnen Kanäle nie als Einzelnes sehen. Macht man einen Kanal lauter ändert sich u.U. auch der Klang von diversen anderen Kanälen.

Ebenso ist Musik keineswegs statisch, sondern hoch dynamisch. Diese Dynamik wird natürlich in erster Linie von den Musikern selbst erzeugt. Allerdings kann hier der Tontechniker durchaus auch zum „Musiker“ werden und diese Dynamiken (in Harmonie mit der Interpretation der Band, selbstverständlich) unterstützen und somit die Musik antreiben. Viele Mischer stellen einmal den Mix ein und belassen ihn dann mehr oder weniger die ganze Show so. Das klingt oft an sich mal nicht schlecht, aber für mich fehlt oft dieses Gewisse „emotionale etwas“ das entsteht, wenn in rhythmischen Instrumentalparts die Toms 1-2 dB lauter sind als sonst, im Vers hin die Instrumente vielleicht leiser werden und der Hall hörbar wird usw usw.

Aus diesen Gründen würde ich (mittlerweile) jedem angehenden Techniker zu allererst empfehlen sich diesem Thema mal bewusst zu widmen: Keinen EQ zu setzen (vielleicht nur einen Low-Cut) und nur durch eine gute Balance der Lautstärken (ev. mit Panning im Stereo-Panorama) eine möglichst gute Mischung zu erzielen.

Stufe 2: Equalizer, Klanggestaltung

Hier kommt nun das, was bei vielen Wohl auf Stufe 1 steht: Der Equalizer. Hierzu gibt es natürlich super viel Infos im Internet und 1000 Tutorial (im Vergleich zur Stufe 1).

Was will man erzielen? Nun zum einen will man natürlich einen möglichst naturgetreuen Klang des Instruments erzielen. Das ist für mich persönlich oft so der erste Ansatz und das geschieht dann oft auch im Solo-Modus für jedes Mikrofon einzeln. Durch eine Cuts (und selten mal ein Boost) werden diverse störende/unnötzige Frequenzen entfernt.

In der Mischung geht es nun dann aber weiter. Bringt man die ganzen Kanäle zusammen wird man feststellen, dass hier einzelne Instrumente eventuell ziemlich miteinander Kämpfen (Der Klassiker: Bass-Gitarre und Bass-Drum). Um jedem Instrument seinen Platz im Mix zu geben sollte man zu aller erst das Arrangement des Lieds angehen. Spielen Gitarre und Klavier in der selben Lage bzw im selben Frequenzbereich, so ist der Konflikt vorprogrammiert. Bekommt man den Gitarristen dazu ein höheres Voicing zu spielen, oder den Pianisten dazu in eine andere Lage zu wechseln, kann man diesen Kampf vielleicht schnell beenden. Nun hat man als Techniker aber oft (v.a. bei Bands die man nicht fest betreut) diese Möglichkeiten nicht. So bleiben noch zwei primäre Möglichkeiten:

  1. Durch Lautstärke (Stufe 1) die Priorisierung klarstellen und den „Kampf“ beenden (klappt nicht immer)
  2. Durch den EQ den konkurrierenden Instrumenten ihren Bereich zuweisen (klappt theoretisch immer, kann aber bei schlechten Arrangements auch entsprechend unbefriedigend klingen)

Zu guter letzt kann man dann, wenn die Mischung steht und die einzelnen Quellen gut klingen und ihren Platz haben, den EQ noch verwenden um hier und da etwas Brillanz aus den Stimmen herauszuholen, ein klein wenig mehr Attack der Bass zu geben usw.  und somit durch kleine, behutsam eingesetzte Boosts nochmal etwas herauszuholen. Solche EQ-Boosts sollten meiner Meinung nach aber sparsam verwendet werden, da sie stark den Klang des Instruments verändern können.

Ein kleiner persönlicher Einwurf: Meiner Meinung nach macht ein guter Schlagzeugsound (gefolgt von den Vocals) 80% der Mischung aus. Kann jeder sehen wie er will, aber das ist meine Philosophie oder mein Stil zu mischen.

Stufe 3: Kompression

Mit Kompression kann man nochmal sehr viel herausholen, aber auch sehr viel zerstören. Da sie den Dynamikumfang beschränken kann ist sie ein hilfreiches Mittel um jedes Instrument im Mix hörbar zu machen. Außerdem kann sie bei Schlaginstrumenten (Schlagzeug zB.) den Punsh doch deutlich erhöhen.

Allgemein ist mit Kompression sehr viel möglich und das sprengt diesen Post. Ich habe aber vor da in absehbarer Zeit noch etwas genauer drüber zu schreiben, halte den Anteil deshalb hier gering.

Zu viel des Guten schadet! So ist es auch hier. Eine zu schnelle Attack-Zeit nimmt der Bass-Drum ihren Kick, ein zu langes Release kann sie wummrig machen. Eine gut komprimmierte Stimme steht transparent und klar über dem Mix, eine überkomprimierte stimme plärrt gequetscht über die Musik und lässt sich kaum noch EQn.

Stichwort: Parallel Compression. Mit Digitalpulten (oder im Studio) lässt sich heute viel parallel auf zwei Arten bearbeiten. So kann man zB. eine Kopie der Drum-Gruppe stark komprimiert mit viel Punsh zur nur mäßig komprimierten Gruppe hinzugeben und somit dem Schlagzeug etwas mehr Druck geben. Hier ist noch viel mehr möglich und denkbar.

Allgemein ist es sehr hilfreich in einem Mix Gruppen (Vocals, Gitarren, Drums, Master, usw) zu komprimieren. Aber Vorsicht! Ein überkomprimierter Mix verliert an Leben und Dynamik. Der Schlüssel ist das richtige Maß!

Da der Kompressor relativ viele Parameter hat im Vergleich zu den bisherigen Stufen (Stufe 1: Fader, 1 Parameter; Stufe 2: EQ, 3 Parameter pro Band; Stufe 4: Kompressor, 4+ Parameter) kann man hier viel falsch machen. Für angehender Tontechniker empfehle ich deshalb den ersten beiden Stufen mehr Aufmerksamkeit zu schenken und dann sich mit Zeit und Vorsicht auch dieser dritten Stufe zu widmen. Widmet man sich ihr zu früh, kann man auch zB das EQn vergessen (Versucht man eine überkomprimierten Kanal zu EQn. Jedes dB wirkt 3-n mal so stark).

Stufe 4: Effekte, Plugins

Effekte geben nochmal echt was auf einen Mix. Hall auf die Stimmen und manche Instrumente, gezielter Einsatz von Echos usw. Aber auch hier kann man einem Mix ganz schnell ganz viel Definition klauen indem alles nur verhallt ist. Eine Snare braucht etwas PreDelay beim Hall, sonst verliert sie schnell an Attack.

Auch hier heißt es wieder: Zeit nehmen den Klang von verschiedenen Halls kennenzulernen und die Parameter zu verstehen und zu beherrschen. Dann im richtigen Maß anwenden. Ein Merkspruch der oft zutrifft:

Du solltest den Hall nicht hören, aber hören wenn du ihn wegnimmst.

Delays sind eine Wunderwaffe, aber eine ganz Heikle. Zu viel Echo oder ein nicht gut getimtes Echo macht dir alles kaputt. Aber richtig eingesetzt (gerne mal auf einzelne Worte mit anschließender Pause oder oder) kann es eine Mischung sehr aufwerten und viel Tiefe verleihen. Hilfreich ist es oft auch das Delay in den Höhen etwas zu beschneiden (LPF <4kHz) so dass die Echos nicht so präsent sind.

Durch Plugins hat man heutzutage im Studio, aber auch zunehmend Live, unsagbar viele Möglichkeiten. Multibandkompression zum Beispiel kann eine starke Waffe bei Stimmen sein, Transient-Designer hauen die Bass-Drum mit viel Kick präzise ins Gesicht der Zuschauer, ein Mastering Limiter staucht den Mix nochmal schön zusammen und und und. All das sind schöne Spielereien. Nein, es ist mehr als eine Spielerei. Es können wundervolle Werkzeuge sein, aber sie ersetzen keinesfalls die ersten Stufen.

Beherrscht man die ersten Stufe kann man mit Hilfe von Effekten und Plugins nochmal das Sahnehäubchen oben drauf setzen.

Fazit

Ein guter Mix hat viele Faktoren, ist aber manchmal leichter zu erreichen als man denkt. Heutzutage ist die Gefahr groß sich bei all den Möglichkeiten in Details zu verlieren, bevor man die Grundlagen gemeistert hat. Um so wichtiger ist es sich Gedanken darüber zu machen was man eigentlich tut und mit welchem Ziel man es tut. Beherrscht man diese grundlegenden Stufen hat man mit den heutigen technischen Möglichkeiten bessere Chancen denn je unglaublich tolle Mischungen zu erzeugen. Viel Spaß beim Mischen!

Von Luke

Blogautor, Webdesigner, Programmierer, Tontechniker, Kameramann, Musiker, Christ, und vieles mehr

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